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Gastbeitrag: Claudia von Hunting Tales

Claudia, hat klinische Psychologie studiert, jagt leidenschaftlich und bietet Schulungen sowie Begleitungen von Jägern und Schützen an.

Bei meiner eigenen Jagdausübung ist mir immer bewusster geworden, dass der/die verantwortungsbewusste Jäger/Jägerin eine große Verantwortung für die Natur und die Wildtiere trägt.
Zunächst hatte ich selbst mit Überwindung, Respekt und Unsicherheiten zu kämpfen. Oft verfolgte mich der Gedanke, dass es ja nicht nur mir so gehen kann. Weswegen ich meine psychologische Ausbildung auf meine Jagdpassion übertrug und in eine bis Dato kaum öffentlich angesprochene Lücke gestoßen bin.

Seitdem kümmere ich mich in meinem fundierten psychologischen Beratungen, Betreuungen und in Seminaren um Waidmänner und -frauen, die an sich selbst arbeiten wollen oder auch schlechte Erfahrungen professionell verarbeiten möchten. Dabei richtet sich mein Angebot an Jagdinteressierte, Jagdschüler, (Jung-)Jäger und auch Sportschützen. In diesen Bereichen spreche ich verschiedene Problematiken an, darunter auch Prüfungsvorbereitung und Überwindung der Prüfungsangst vor der Jägerprüfung. Denn, am Anfang unserer Taten, stehen immer unsere Gedanken. Gerade, wenn ein Leben von unserem Tun abhängt, darf der Kopf und seine Auswirkungen nicht außer Acht gelassen werden.

Mein Ziel ist es, die Jägerschaft noch verantwortungsbewusster zu machen und durch meine Vision und Handeln unnötiges Tierleid zu vermeiden. Ich freue mich auf jeden, der sich entscheidet den ganzheitlichen Weg zum gewissenhaften Jagdausübenden zu gehen.

Ich findet ich auf meiner Website www.hunting-tales.de oder auf Instagram

Leider funktioniert dein Gehirn nicht einfach so, dass Informationen reinkommen, abgespeichert werden und genauso wieder herauskommen. Sondern, es gibt Unterschiede bei dem Gedächtnis, dem Wissen selbst und der eigentlichen Intelligenz.

Das Gedächtnis teilt sich in Langzeit-, Kurzzeit- und Ultrakurzzeitgedächtnis ein. Soviel vorweg: zum Bestehen der Jagdprüfung nutzt du am Besten dein Langzeitgedächtnis. Ultrakurz ist zum Glück kein Jagdkurs, denn das Ultrakurzzeitgedächtnis hält die Informationen lediglich 1-2 Sekunden im Gehirn. Das Kurzzeitgedächtnis kann Informationen über einen bestimmten Zeitraum speichern, aber maximal 30 Sekunden. Die Dauer kannst du aber durch gebetsmühlenartiges Wiederholen erhöhen. Allerdings sollte das generelle Ziel die Übertragung der Informationen in dein Langzeitgedächtnis sein. Denn das Langzeitgedächtnis ist für das Jägerleben anzustreben… schließlich lernst du für das Leben und nicht nur für eine Prüfung. 

Alle Informationen, die dein Gehirns speichert, machen dein Wissen aus. Allerdings wäre es viel zu schwer dieses Wissen permanent auf Abruf zu halten. Denn dann würde dein Gehirn überquellen von verschiedensten Informationen. Deswegen speichert dein Gehirn Wissen so ab, dass du nicht ständig Zugriff darauf hast. Du kannst es dir so vorstellen, wie ein Regal mit verschiedenen Ordnern. Du musst den Ordner erst herausnehmen um darin lesen zu können. Erst, wenn du nach diesem Wissen suchst oder daran erinnert wirst, kannst du dieses Wissen auch abrufen. Neben dem Vorhandensein des Wissens, musst du dieses also auch abrufen können. Das geht zum Beispiel durch sogenannte Abrufhinweise.

Die Intelligenz unterteilt sich in zwei verschiedene Bereiche. Nach der Theorie von Raymond B. Catell in die kristalline und die fluide Intelligenz. Kristallin umfasst dabei die Fähigkeit, erworbenes Wissen anzuwenden und die fluide Intelligenz beschreibt grundlegende Prozesse des Denkens und ist weitgehend unabhängig von Erfahrung. Die fluide Intelligenz wird als angeboren angesehen. Ein Mangel an fluider Intelligenz lässt sich aber glücklicherweise mit Fleiß und Übung ausgleichen. Das heißt die kristalline Intelligenz kann individuell gesteigert werden. Das bedeutet zum Glück auch, dass du deinen Wissenstand selbst in der Hand hast.

Die folgenden Tipps sollen dein Verständnis für die Psychologie hinter dem Lernen steigern und das Büffeln selbst erleichtern. So gehst du leichter durch deine Prüfungsvorbereitungen. 

Tipp 1: Abrufhinweise

Dein Wissen verbirgt sich irgendwo in deinem Gehirn. Wenn dir dann aber in der Prüfung „Ein Wort auf der Zunge liegt“, kommst du an genau dieses vorhandene Wissen nicht heran. Nutze hier das Abrufen des Wissens mittels sogenannter Abrufhinweise. Das kannst du in deinem Lernalltag und in der Prüfung nutzen. Abrufhinweise können wir selbst mitgestalten, indem wir zum Beispiel beim Lernen immer ein bestimmtes Getränk zu uns nehmen. Trinkst du allerdings immer beim Lernen Wasser/Cola/Bier wird dir das nichts bringen, also ran an den ausgefallenen Pfefferminz-Grapefruit-Eistee auf Traubenzuckerbasis.

Tipp 2: Nutze das Alphabet

Der Pfefferminz-Grapefruit-Eistee auf Traubenzuckerbasis hat nicht geholfen? Ein einfacher Trick ist in der Prüfung bei so einem Fall, das Alphabet im Kopf durchzugehen, denn manchmal reicht schon der Anfangsbuchstabe eines Wortes, damit die Information abgerufen werden kann.

Tipp 3: Interferenzen umgehen 

Die Lernpsychologie beinhaltet den Begriff der Interferenz. Dieser Begriff beschreibt eine Störung das Gelernte in das Gedächtnis zu übertragen. Es werden proaktive und retroaktive Interferenz unterschrieben.
Bei der proaktiven Interferenz wird die Reproduktion (=Wiedergabe) des später Gelernten durch das früher Gelernte gehemmt. Es kann also zu einer Überlagerung der Informationen kommen. Ein Beispiel wäre, wenn zuerst die Geweihentwicklung von Rothirschen und dann von Damhirschen gelernt werden. Wenn es dann bei der Abfrage zu proaktiven Interferenz kommt, kann nur noch das Wissen zum Rothirsch wiedergegeben werden, da dieses das Wissen zum Damhirsch überlagert. Gegen proaktive Interferenz helfen unterschiedliche Fächer zu lernen und ausreichende Pausen zwischen dem Gelernten einzuplanen.

Tipp 4: Reizüberflutung stoppen

Dieser Tipp soll auf die retroaktive Interferenz eingehen. Retroaktive Interferenz ist, wenn späteres Lernen oder andere Tätigkeiten, die Reproduktion des früher Gelernten behindern. Also das zeitliche Gegenteil von proaktiver Interferenz (siehe Tipp 3). Um dagegen vorzugehen, hilft vor allem nach dem Gelernten keine neue Eindrücke auf dich einprasseln zu lassen. Dann heißt es das Handy wegzulegen, kein anderes Thema oder spannendes Gespräch anzufangen, sondern sich bestenfalls eine Runde schlafen zu legen. Das hat dann sogar oftmals noch einen belohnenden Effekt.

Tipp 5: Ordnung

Ordnung ist das halbe Leben – wahrscheinlich hast du dir, wenigstens im Ansatz, einen kleinen Lernplan gemacht. Entweder bis wann du etwas abschließen möchtest oder wie lange du am Tag lernen möchtest. Dabei wird oft vergessen Wiederholungszeiten, Pausen und Pufferzeiten einzuarbeiten. Wenn du diese Puffer einplanst, wird die Struktur durch unerwartete Ereignisse nicht zerstört. Ein frustrierendes „Nachhängen“ zum eigentlichen Plan wird vermieden.

Tipp 6: Effizient lesen

Falsches Lesen führt oftmals zu einem erhöhten Zeitaufwand und wenig Nutzen, deswegen hier ein kleiner Tipp zum Aufarbeiten von Texten.
Es gibt nämlich verschiedene Wege des Lesens (auf einmal, überfliegen, stückweise…)
Die Empfehlung aus Psychologie ist die SQ3R Methode → Survey, Question, Read, Recite und Review → Überblick, Fragen, Lesen, Verstehen, Inhalte frei aufsagen & Wiederholen.
Folgende Schritte kannst du einfach befolgen:

1. Überblick verschaffen:
Gliederung erkennen
Überschriften ansehen
Struktur kann farblich hervorgehoben werden
Erster Einblick in zentrale Inhalte (Tabellen, Abbildung)

2. Frage zum Text formulieren
Fragen auf Inhalte des Texts beziehen
Fragen auf die eigenen Ziele des Lesens
Welche Fragen sind relevant?

3. Text lesen
Dabei auch bearbeiten! z.B. Markieren
Unklarheiten hervorheben
Größere Verständnisprobleme erst im späteren Verlauf bearbeiten

4. Neue Informationen zusammenfassen
Antworten auf die Fragen vorher überlegen.
Evtl. Anfertigen von Zusammenfassungen

5. Erneute und finale Auseinandersetzung mit dem Text
Fragen geklärt?
Unklarheit wichtig? Text zentral verstanden?
Wie können Fragen geklärt werden?

Tipp 7: Routine

Die (Lern-)Psychologie kannst du dir auch auf dem Schießstand zu Nutze machen. Bestenfalls kannst du nämlich dort in der Umgebung trainieren, in welcher du auch die Prüfung machen wirst. Allein dieser Fakt, kann den Stresspegel am Tage deiner Prüfung reduzieren. Ist das nicht möglich, kannst du durch wiederkehrende Abläufe und Routinen sowie Kleidung und anderer äußerer Umstände die Sicherheit aus dem Training mitnehmen und übertragen.

Tipp 8: Zeit schinden

In stressigen Situationen empfinden wir Zeit anders. Manchmal müssen wir einfach künstlich Zeit schinden. Denn, vor allem beim Schießen ist bewiesen, dass langsames Schießen mit besseren Treffern einhergeht. Mein konkreter Tipp ist also, zwischen den Schüssen ein Gedicht aufzusagen, ein Lied zu singen oder stupide bis 60 zu zählen. Dann ist die Gefahr des zu schnellem Schießens gebannt. Außerdem kann sich deine Aufregung oder Anspannung niemals bis ins Unendliche steigern – Das würde unser Körper gar nicht mitmachen. Das bedeutet: Ein Aushalten von unangenehmen Situationen führt automatisch zu einem Abfallen deiner Anspannung. Toll, wenn manchmal schon das Nichtstun ausreicht, oder?

Tipp 9: Atmen

Ein Fehler, den leider viele Prüflinge und auch Schießlehrer machen, ist eine Atemtechnik zu empfehlen, oder gar vorzuschreiben. Ein weit verbreiteter Irrglaube ist beispielsweise, dass Luft anhalten die Stabilität beim Schuss verbessert. Allerdings passiert in deinem Körper das Gegenteil. Ohne Sauerstoff fängt dein Herz an schneller zu schlagen, dein Blutdruck steigt und dein Muskeltonus erhöht sich, du fängst an zu Zittern. Schau nach, wie es für dich bequem ist. Keine Experimente, schon gar nicht am Tag der Prüfung. Locker Atmen und deinen eigenen Rhythmus finden ist die Devise. 
Das Wissen aus diesem Tipp, kannst du dir aber super zu Nutze machen. Wenn du eine Prüfung simulieren möchtest, kannst du deinen Puls durch Ausatmen und ein paar sportlichen Übungen ohne viel Aufwand in die Höhe treiben.

Tipp 10: Konditionierung

Trinkst du erst deinen Kaffee bevor du lernst? Konditioniere dich selbst… Starte mit unangenehmen Themen und Aufgaben und belohne dich dann. Trinkst du deinen Kaffee bevor du etwas getan hast, dann belohnst du dich fürs Nichtstun. Danach mit dem Lernen anzufangen kann sogar eine Strafe für dich sein und deine Motivation schmälern. Richtiges Belohnen, will gelernt sein! Einem Hund gibst du ja auch kein Leckerli bevor er Sitz macht, oder?
Belohnungen müssen dabei nicht immer teuer oder materiell sein, der Effekt kann auch durch angenehme Gedanken eintreten. Das ist nützlich für Situationen, aus denen es kein Entrinnen gibt.

Leider geht es mit diesen kleinen Kniffen nicht ganz ohne Lernen und praktischem Können. Ich hoffe dennoch, dass dein Verständnis für dich und deine Lern- und Übungseinheiten etwas gestiegen ist. Gerne kannst du bei tieferliegenden Problemen, wie Angst vor der Prüfung, auf mich zukommen. Denn, es gibt für jede knifflige Situation mindestens eine Lösung.